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BDI: Energiepreise stellen Industrie vor fundamentale Probleme

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Autor: Magnus Schwarz

Datum: 07. Sep. 2022

In einer aktuellen Blitzumfrage hat der BDI  das Lagebild im industriellen Mittelstand evaluiert. Gefragt wurde nach den Auswirkungen von Energie- und Rohstoffpreisanstieg, Investitionsplanungen, Brennstoffversorgung und das Risiko einer möglichen Abwanderung.

Mehr als 90 Prozent der Unternehmen sehen in den gestiegenen Preisen für Energie und Rohstoffe eine starke (58 Prozent) oder existenzielle Herausforderung (34 Prozent). Noch im Februar 2022 bewerteten „nur“ 23 Prozent die Herausforderung als existenziell. Lieferschwierigkeiten und -verzögerungen sind für rund drei Viertel der Unternehmen eine starke (71 Prozent) oder existenzielle (sechs Prozent) Herausforderung.

Investitionsstopps und Energieprobleme

Währenddessen zwingt die Preisentwicklung rund 40 Prozent der Unternehmen, Investitionen in die ökologische und digitale Transformation zurückzustellen.

Mittelfristig planen 28 Prozent der Unternehmen einen Brennstoffträgerwechsel, um unabhängiger von Gas zu sein. Mehr als ein Drittel der Unternehmen (37 Prozent) können derzeit keinen Brennstoffträgerwechsel vornehmen, sie bleiben (vorerst) auf Erdgas angewiesen. Allerdings sieht sich jedes zehnte Unternehmen aktuell gezwungen, die Energieversorgung von Gas auf Öl umzustellen.

Jedes vierte Unternehmen erwägt Teilabwanderung

Fast jedes zehnte Unternehmen hat die Produktion in Deutschland derzeit gedrosselt oder unterbrochen. Weiterhin denkt fast jedes vierte Unternehmen darüber nach oder ist bereits dabei, Unternehmensanteile oder Teile der Produktion und Arbeitsplätze ins Ausland zu verlagern.

Wer Unternehmen durch die Krise helfen und zugleich die Standortqualität stärken will, sollte die Energiekosten begrenzen, Bürokratie spürbar abbauen und dem Fachkräftemangel begegnen. Das Fehlen von Fachkräften und unnötige beziehungsweise komplexe administrative Vorgaben im Inland behindern auch die Zusammenarbeit im Wertschöpfungsverbund (eher) stark, beklagen 78 bzw. 61 Prozent der Unternehmen.

Zu den Umfrageergebnissen erklärt BDI-Präsident Siegfried Russwurm:

„Das dritte Entlastungspaket hilft den Unternehmen zu wenig. Die Bundesregierung muss schleunigst ein Entlastungsprogramm für die Wirtschaft auf den Weg bringen. Unsere Umfrage zeigt, dass die extrem steigenden Energiepreise die Industrie vor fundamentale Probleme stellen. Die Politik muss jetzt aktiv werden, um Insolvenzen und weitere wirtschaftliche und soziale Verwerfungen zu verhindern.

 

Jede Kilowattstunde zählt. Dass erst zwei Kohlekraftwerke zurück ans Netz gehen konnten, ist absolut unbefriedigend. Die Bundesregierung muss für eine schnelle Rückkehr von Kraftwerken sorgen, indem sie die Lagerverpflichtungen für die Steinkohlebetreiber zurücknimmt. Auch die Braunkohlekraftwerke müssen schleunigst wieder Strom produzieren.

 

Dass die Regierung in der größten Energiekrise in der Geschichte der Bundesrepublik auf den Strom aus Kernkraftwerken verzichtet, ist schlecht für Energieversorgung und Energiepreise. Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine ist mehr als ein halbes Jahr vergangen. Zeit genug, den Weiterbetrieb der Kernkraftwerke zu organisieren und ein klares Signal für Laufzeitverlängerungen abzugeben. Die angedachte Einsatzreserve ab 2023 ist nur ein Mini-Schritt. Eine Reserve über wenige Monate hilft nicht, die hohen Preise zu drücken, und greift zu kurz.”

Konkrete Handlungsempfehlungen

Zur Abfederung der Preissteigerungen empfiehlt Russwurm der Bundesregierung eine Kofinanzierung der Stromnetzentgelte:

“Die Stromnetzentgelte werden stark steigen und mit einer staatlichen Kofinanzierung lässt sich ohne starke Markteingriffe entgegenwirken. Auch die Verlängerung des Spitzenausgleichs für die energieintensiven Unternehmen muss schleunigst umgesetzt werden.

 

Die Reduktion der Mehrwertsteuer auf den Gasverbrauch geht an den mit ausufernden Energiekosten kämpfenden Unternehmen vorbei. Die Bundesregierung muss bei den Entlastungen die Unternehmen stärker berücksichtigen. Jeder staatliche Eingriff in den Strommarkt muss zwingend europäisch abgestimmt sein. Deutschland ist keine Insel, sondern zentraler Bestandteil eines europäischen Strommarkts. Ein nationaler Alleingang schafft nur noch mehr Probleme.

 

Die Abstimmung mit den europäischen Partnern muss schnell gehen und darf kein Grund für weitere Verzögerungen sein.“

Zur Umfrage gelangen Sie hier.