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Empfehlungen der norwegischen Energiekommission

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Autor: Simon Meyer

Datum: 02. Feb. 2023

Die Energiekommission der norwegischen Regierung hat jüngst ihren Bericht über Norwegens Energiebedarf und Stromerzeugung vorgelegt und daraus Handlungsempfehlungen für die Zukunft abgeleitet. Laut der Mehrheit der Kommissionsmitglieder sollte das Ziel sein, die Stromerzeugung bis 2030 um mindestens 40 TWh zu steigern und den Energieverbrauch um mindestens 20 TWh zu senken. Da sich die Maßnahmen zur Emissionsminderung stark auf die Stromnachfrage auswirken, werden Energie- und Klimapolitik immer weiter ineinandergreifen. Aus Sicht der Deutsch-Norwegischen Handelskammer wird dies auch die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Norwegen beeinflussen.

Norwegen steht vor großen Herausforderungen: Um die Klimaziele zu erreichen und eine Grüne Wende herbeizuführen, wird der Stromverbrauch zunächst bis 2030 und im zweiten Schritt bis 2050 deutlich steigen. Gleichzeitig zeigen mehrere Analysen, dass sich Norwegen zwischen 2026 und 2027 auf ein Stromdefizit zubewegen könnte, sofern nicht mehr Strom produziert wird. Aufgrund dieser Ausgangslage hat die norwegische Regierung im Februar 2022 eine 15-köpfige Energiekommission eingerichtet und damit beauftragt, die langfristige Entwicklung des norwegischen Stromverbrauchs zu analysieren und Maßnahmen vorzuschlagen, die auch in Zukunft zu einem Nettostromüberschuss für Norwegen führen. Kurzfristige Maßnahmen zur Entspannung der aktuellen Energiekrise waren nicht Teil des Mandates. Eine Mehrheit der Energiekommission sieht bis 2030 20 TWh Einsparpotenzial und 40 TWh Produktionspotenzial. Um diese Potenziale zu auszuschöpfen, müsse das Tempo in der Energiepolitik angezogen werden.

Mehr Energie sparen, effizienter nutzen, mehr Strom produzieren, Netzkapazität erhöhen – und alles muss viel schneller gehen.

Laut Lars Sørgard, Vorsitzender der Energiekommission können die Herausforderungen nicht von einer Maßnahme allein gelöst werden. Mehr Sparen und mehr Produktion sollen in Zukunft für einen Stromüberschuss und wettbewerbsfähige Preise sorgen und nicht zuletzt zu Versorgungssicherheit des Landes beitragen.

Die Kommission hat in ihrem Bericht unter anderem einen nationalen Aktionsplan für mehr Energieeffizienz in allen Sektoren mit überprüfbaren Maßnahmen und Zielen als Mittel zur Verbrauchsreduzierung genannt.

Um das Potenzial für die Energieentwicklung freizusetzen, soll der Bereich der Wasserkraft modernisiert werden. Eine freiwillige Vereinbarung zwischen Staat und Produzenten könnte einen Ausbau von 7 TWh möglich machen. Ebenfalls ausgebaut werden sollen Onshore- und Offshore-Windenergie. Die Mehrheit der Kommission ist der Meinung, dass dies in einer ersten Phase von 1,5 GW auf 3 GW geschehen sollte. Dringlichkeiten sieht die Kommission ebenso in der Entwicklung der Solarenergie und deren ganzheitlichen Regulierung. Zusätzlich sollen Maßnahmen zur Erhöhung der Netzkapazität ergriffen werden: Der Netzausbau soll stärker als bisher priorisiert werden, um den höheren Stromverbrauch überhaupt zu ermöglichen.

Durch die schrittweise Einführung von Solar- und Windenergie soll eine flexible und effiziente Energienutzung in dem Land, in dem aktuell 90 Prozent des Stroms aus Wasserkraft stammen, unterstützt werden.

Zukunft des norwegischen Stroms für Europa

Eine weitere Herausforderung in Norwegen ist die gesellschaftliche Debatte sowohl über den Strommarkt als auch über den norwegischen Stromhandel mit anderen europäischen Ländern. Die hohen Strompreise hatten 2022 dazu geführt. Die Energiekommission verteidigt den Stromhandel mit anderen Ländern, da er für Norwegen Rentabilität und Versorgungssicherheit gleichermaßen bietet. Über das Unterseekabel „Nordlink“ bezieht auch Deutschland seit 2021 Strom aus Norwegen.

Sinkende Pegelstände in den Stauseen Norwegens könnten in trockenen Jahren zu einem erheblichen Importbedarf führen. Daher empfiehlt die Kommission, dass Norwegen mit seinem einzigartigen, auf Wasserkraft basierenden System seine Interessen aktiv vertreten solle: Das Land müsse sich an der Debatte in Europa, in deren Rahmen neuen Regeln für Marktdesign und Handel entwickelt werden, beteiligen. Dabei sollten die norwegischen Behörden eine aktive Rolle bei der Entwicklung der EU-Vorschriften übernehmen und darauf hinarbeiten, dass die Vorschriften die norwegischen Besonderheiten berücksichtigen müssen.

Die Mehrheit ist der Meinung, dass untersucht werden solle, wie der Handel mit dem Ausland geregelt werden kann.

Zum einen soll nach Ablauf der Konzessionsdauer für die Unterseekabel die Verlängerung genauso beurteilt werden wie bei neuen Kabelanschlüssen. Zum anderen solle Norwegen laut der Kommission mehr Handlungsspielraum erhalten, um die eigene Versorgungssicherheit zu gewährleisten, wenn sich die Energiespeicher leeren. Es muss geklärt werden, wie Exporte ggf. begrenzt werden könnten, um die Versorgungssicherheit in Extremsituationen zu gewährleisten. Trotzdem muss eine gute Zusammenarbeit mit den Nachbarländern und die Versorgungssicherheit aller gewährleistet sein.

Die Deutsch-Norwegische Handelskammer begrüßt den Maßnahmen-Katalog der Energiekommission und sieht Potenzial für die deutsch-norwegischen Beziehungen. „Aus unserer Sicht spiegelt der Bericht die Notwendigkeit einer schnellen Umstellung und grünen Wende wider sowie den Bedarf von mehr Versorgungssicherheit “, so Michael Kern, Geschäftsführer der Deutsch-Norwegischen Handelskammer in Oslo. Von einem Ausbau der norwegischen Energieinfrastruktur könnten auch deutsche Unternehmen und Zulieferer profitieren, sofern die Zusammenarbeit beider Länder im Energiebereich noch enger wird. Mit dem Besuch von Vizekanzler Dr. Robert Habeck in Januar in Oslo und der daraus resultierenden Joint Declaration beider Regierungen, ist der Start bereits gemacht.